Die Geschichte des Betzdorfer Schützenverein 1868 e.V.
Die Geburtsstunde des Betzdorfer Schützenvereins war am 4. Juli 1868. An diesem Tag trafen sich abends 30 Betzdorfer Bürger zu einer die Gründung vorbereitende Versammlung im Gasthof Vomfell (heute Bürgergesellschaft). Als Ziel des Vereins wurde formuliert: „In Einigkeit und treuer Kameradschaft den Schießsport pflegen“ Am 12. Juli 1868 erfolgte dann die Vereinsgründung.
Ein Reglement für das Königsvogelschiessen wurde erstellt, das im Wesentlichen mit der heutigen Schießordnung übereinstimmt. Der, der das letzte Stück vom Vogel herunterschoss, wurde König und blieb es bis zum nächsten Jahr. Der König erhielt eine Prämie von 10 Talern. Der Festzug beim Schützenfest wurde in dieser Zeit sehr gründlich vorbereitet. Auf der jetzigen Wilhelmstraße übten die Schützen mit einem Tambourkorps an drei Samstagen den Parademarsch. Alle Mitglieder unter 45 Jahren mussten daran teilnehmen. Wer unentschuldigt fehlte, zahlte 2 1/2 Silbergroschen in die Vereinskasse. Das erste Schützenfest fand am 8. und 9. August 1868, auf dem Festplatz in der unteren Wilhelmstraße, statt. Der erste Schützenkönig, Johann A. Stangier, erhielt als äußeres Zeichen seiner Königswürde eine Schärpe aus rotem Leder, welche aber im 2. Weltkrieg verloren ging.
Dem großen Ereignis des 1. Schützenfestes, folgte im gleichen Jahr am 20.08. ein weiterer, für die damaligen Verhältnisse bedeutender Anlass. König Wilhelm I. von Preußen kam durch Betzdorf. Sein Sonderzug hatte auf dem Bahnhof Betzdorf Aufenthalt. Eine Schützenabordnung stellte sich auf den Bahnsteig auf und präsentierte vor dem König, der daraufhin „anerkennend und freundlich“ mit einigen Schützen sprach. Bei der Anfahrt soll der König seine Begeisterung durch ein lautes „Bravo“ geäußert haben. Für die angetretenen Schützen sicher ein unvergeßliches Ereignis.
Im Jahre 1877 verlegte man den Festplatz auf das Gelände des heutigen Hohenzollerngartens. Gegenüber auf dem Gelände einer Ziegelei wurde der Vogel am Schützenfestsonntag vormittags geschossen. Am 11.08.1881 kaufte der Betzdorfer Schützenverein den heutigen Schützenplatz, der als Schützen- und Festplatz genutzt werden sollte.Es handelte sich damals um ein ebenes, bewaldetes Grundstück, welches noch gerodet werden musste. Am 7. August 1881 wurde anläßlich des Schützenfestes der Platz „Schützenberg“ (heute Schützenplatz) geweiht und zu treuen Händen dem Verein übergeben. Der neue Scheibenstand befand sich auf dem Gelände der heutigen Brunnenstraße.
1904 trat der Verein dem Rheinischen Schützenbund mit 15 Mitgliedern bei. Dadurch wurde guten Schützen die Möglichkeit der Teilnahme an Preisschießen und überregionalen Wettkämpfen gegeben. Der Schützenverein stand vor der Notwendigkeit, sich nach einem neuen Schießstandgelände umzusehen. Der damalige Schießstand auf dem Schützenplatz genügte den Anforderungen für das Schießen mit den Scheibenbüchsen nicht mehr. Man kaufte das Gelände in der Klingelsbach, welches auch heute noch als Schießstandgelände genutzt wird, und errichtete einen Schießstand, auf dem das Schießen bis zu 300 mtr. Entfernung möglich war.
1909 schloss sich der Verein dem Deutschen Schützenbund an. Die Zahl der Vorstandsmitglieder erhöhte sich von 10 auf 15. In diesem Jahr ermittelte der Verein erstmals seinen Schützenkönig in der Klingelsbach. Dort wird das Vogelschießen noch heute alljährlich, nach der alten Tradition, durchgeführt.
Beim Schützenfest 1914 ahnte noch niemand, dass wenige Tage später der 1. Weltkrieg beginnen und vier Jahre dauern würde. Erst im Frühjahr 1919 blühte das Vereinsleben wieder auf. Die Schützen versuchten trotz der Zeit voller Armut und Unruhe, ihrem Wahlspruch „Einigkeit und treue Kameradschaft zu üben“, treu zu bleiben.
Das letzte große Fest vor dem 2. Weltkrieg konnte 1939 gefeiert werden. Dies sollte das letzte Fest bis 1950 ein. Nach dem Ende des Krieges erließen die Siegermächte ein Verbot aller sportlichen und kulturellen Vereine. Auch der Schützenverein, der im Laufe des Krieges sein Vereinsleben erst einschränkte und dann einstellte, wurde verboten. Alle vorhandenen Sportwaffen und die Munition mussten an die Besatzungsmacht ausgeliefert werden. Ab 1946 wurden wieder einige Vereine zugelassen, ader der Schützenverein musste noch bis 1950 warten, da der Schießsport in der Öffentlichkeit verpönt war. In Anlehung an das bisher gefeierte Schützenfest, wurde im Juli 1949 ein Volksfest vom Verkehrsverein veranstaltet. Einige Mitglieder des Verkehrsvereins, die vorher dem Schützenvorstand angehörten, hatten die Initiative ergriffen, um die Betzdorfer an „ihr“ Schützenfest zu erinnern.
Am 3. Sonntag im Juli 1950 feierte man nach 11-jähriger Pause endlich wieder Schützenfest. Dies war ein glanzvolles Volksfest, welches nicht zuletzt durch die lange Entbehrung und den „Nachholbedarf“ von den meisten Betzdorfern begeistert gefeiert wurde. Der Krieg und die Not der Nachkriegsjahre hatten die Menschen wieder zusammenrücken und ohne soziale Unterschiede ihr Fest feiern lassen. Es wurde gemeinsam gefeiert, nur ganz wenige beteiligten sich nicht.
Ab 1951 konnte erstmals das Königsvogelschiessen wieder mit Büchsen durchgeführt werden. Das Kaliber der Gewehre war, nicht zuletzt aus Kostengründen, kleiner geworden. Statt mit den großkalibrigen Scheibengewehren wurde nur noch mit Kaliber 22 geschossen. Dies ist bis zum heutigen Tage nicht mehr geändert worden. Die Sportschützen wurden auch wieder aktiv. Der Schießsport durfte jedoch zunächst nur mit Luftgewehren ausgeübt werden.
Im Jahre 1952 wurde eine neue Königskette aus echtem Silber angeschafft. Die Kette zeigt auf dem Brustschild in farbig emaillierter Einlegearbeit, das Betzdorfer Stadtwappen. Diese Kette wird bis heute vom Schützenkönig getragen.
In der Klingelsbach wurde ein neuer KK-Stand gebaut, um den Schießsport wieder attraktiver zu gestalten. Im Oktober ´52 konnte Richtfest gefeiert werden. Ende 1953 wurde die Schießhalle des alten Schießstandes mit einem 100-m-Stand fertiggestellt. Ein Jahr später wurde der 50-m-KK-Stand seiner Bestimmung übergeben. Es wurde über die Zuwegung hinweg, in den Wald geschossen. Die Scheiben wurden erstmals mit einer elektrischen Scheibenzuganlage transportiert. Damit war ein wichtiger Schritt zur Förderung des immer mehr zunehmenden Schießsportes getan.
1955 ermittelten die Jungschützen erstmals ihren König. Die immer größer werdende Schar der Jugendlichen hatte den Vorstand veranlasst, eine solche Jugendveranstaltung ins Leben zu rufen. Auf den Königsvogel der Erwachsenen durfte zu dieser Zeit erst ab 24 Jahre geschossen werden. Von daher war es nötig, dem berechtigen Anliegen der Jüngeren Rechnung zu tragen.
1959 wurde der Beschluß gefasst, ein Grundstück im Imhäusertal zu erwerben. Dieses Gelände bot aufgrund seiner Topografie optimale Voraussetzungen für einen Schießstandneubau. Zudem wäre das Schützenhaus zentraler gelegen und besser erreichbar gewesen. Auch noch im Jahre 1964 wurden die Baupläne vorangetrieben. Der Zuwachs der Schützen und ganz besonders bei den Pistolenschützen erforderte neue, den gestiegenen Anforderungen entsprechende Sportstätten. Da aber die Voraussetzungen für einen Neubau noch nicht geschaffen waren, musste der alte Schießstand in der Klingelsbach erhalten und ausgebaut werden.
Für das Vereinsjahr 1968 hatte sich der Schützenverein viel vorgenommen, zumal in diesem Jahr das erste wirkliche Jubiläum des Vereins gefeiert werden konnte. Die Feiern zum 50. und 75. Gründungsfest mussten wegen der Weltkriege ausfallen. Hubert Matthieu wurde Schützenkönig im Jubeljahr. Erstmals wurde ein Kaiserschiessen durchgeführt. Richard Brucherseifer wurde der 1. Schützenkaiser in der Vereinsgeschichte.
Im Jahre 1969 waren die Sicherheitsanforderungen im Schießsport so gestiegen, das die Umbaumaßnahmen so kostspielig sein würden, dass überlegt werden musste, ob sich diese am alten Schießstand noch lohnten. Die Frage eines Neubaus wurde früher als erwartet akut. Damit war die Frage nach dem Standort eng verbunden. Die Baugenehmigung für den geplanten ebenerdigen Neubau im Imhäusertal, konnte jedoch nicht erteilt werden, da an dieser Stelle eine Umgehungsstraße geplant war. Der geplante Schießstandneubau im Imhäusertal war somit unmöglich geworden. Außer dem vereinseigenen Grundstück In der Klingelsbach, stand kein großes Baugrundstück zur Verfügung. Es blieb nur die Klingelsbach. Die Grundstücke im Imhäusertal mussten verkauft werden. Die Stadt erwarb die Parzellen für den Bau einer Umgehungsstraße, die auch aus heutiger Sicht wohl niemals gebaut werden wird. Nachdem die Baugenehmigung erteilt war, wurde 1971 mit dem Neubau begonnen. Am 9. Juli 1977 konnte der Schützenverein nach 7-jähriger Bauzeit, endlich seine neue Schießsportstätte, das Jahrhundertbauwerk des Vereins, einweihen. In der langen Bauzeit waren rd. 13.000 Stunden Eigenleistung erbracht worden.
1981 wurde die neue Fahne des Schützenvereins, welche das Motto trägt „Altes erhalten, Neues gestalteten“, geweiht. Sie ersetzte die alte Fahne aus den 50er-Jahren, welche oft gebraucht und verschlissen war.
Zur 30. Jubiläum des Jungvogelschiessens wurde 1985 erstmals ein Jungschützenkaiser ausgeschossen. Dirk Langenbach holte den Rest des Vogels von der Stange und wurde somit erster und bis heute einziger Jungschützenkaiser des Vereins.
Das erste Bärenschießen fand 1986 statt. Die Abteilung der Schwarzpulverschützen, schoss nach Vorbild des Vogelschiessens, den „Bärentöter“ aus. Geschossen wird mit den eigenen Schwarzpulerwaffen.
Der Schützenfest-Freitag wurde im Jahre 1989 wieder eingeführt, nachdem dieser nach wenigen Jahren Laufzeit, in den 70er-Jahren wieder abgeschafft wurde. Das Betzdorfer Volks- und Schützenfest wird auch heute noch an vier Tagen, von Freitag bis Montag, gefeiert.
Über Jahrzehnte wurde der vereinseigene Waldbestand gehegt und gepflegt. 1990 fällten starke Stürme, allem voran „Wiebke“, den gesamten Waldbestand, welcher in 80 Jahren gewachsen war, und für die Finanzierung des Weiterbaus der Schießsportanlage, fest eingeplant war.
Seit 1991 kann jeder Volljährige, mit auf den Königsvogel schiessen. Dies war bisher nur jedem Schützen, welcher das 21. Lebensjahr vollendet hat, vorbehalten. Erst seit jenem Jahr dürfen auch Frauen mitschiessen. Es dauert jedoch noch zehn Jahre, bis mit Anka Dabelstein, erstmals eine Frau den Königsvogel von der Stange holt.
Dr. August Wolf schrieb in seinem Buch „Geschichte von Betzdorf“: „In der weitesten Öffentlichkeit hat sich der Schützenverein am meisten durch seine Feste eingeprägt. Das Schützenfest war seit jeher ein Volksfest. Ein Fest für Kinder und für Erwachsene, auf das sich alljährlich alles schon lange freut. Solche Feste bringen die Menschen zusammen. Gäbe es sie nicht, müssten sie extra erfunden werden“. Für den Außenstehenden entsteht leicht der Eindruck, dass sich das Vereinsleben hauptsächlich am Schützenfest abspielt. Das ist jedoch nicht so. Über das ganze Jahr verteilt, finden zahlreiche Veranstaltungen statt, im sportlichen und geselligen Bereich. Die aktiven Schützen schiessen ihre Meisterschaften. Die Trainings- und Öffnungszeiten im Schützenhaus werden gut angenommen. In den letzten Jahren finden u.a. der „Tanz in den Mai“, ein „Oktoberfest“, Grillabende und alljährlich ein Vereinsausflug statt. Auch bei den Betzdorfer Stadtfesten ist der Verein präsent. So wurden. u.a. die stark frequentierten und spektakulären Hubschrauberrundflüge, anlässlich des Barbarafestes 2013, vom Schützenverein organisiert und präsentiert.